Anfang und Mitte der 90er Jahre, zum meiner Teenagerzeit, war ich Teil einer Clique aus dem Hamelner Stadtteil Klein Berkel die sich regelmäßig in einem alten Eisenbahnwagon trafen. Dort feierten wir wilde Partys, fuhren zusammen in den Urlaub, spielten Uno oder Fußball, rauften uns, lachten und weinten zusammen. In diesen Jahren waren diese Menschen ein sehr wichtiger Teil in meinem Leben. Ich verbrachte mehr Zeit im Wagon als irgendwo anders. Ich kann nicht mehr genau sagen wie viele wir waren, aber im Durchschnitt umfasste unsere Clique wohl so ca. 30 Personen. Auch wenn nicht alles gut war, so war es gut das es da war. Vieles was in dieser Zeit passierte hat mich geprägt und ich habe davon partizipiert. Alles in allem war diese Zeit eine der intensivsten Phasen meines Lebens.
Im März dieses Jahres kommentierte jemand bei Facebook ein Foto das ich ebenfalls kommentierte. Ich war doch etwas erstaunt. Einer meiner Freunde aus der Wagonzeit, zu dem ich bis zu diesem Augenblick seit 15 Jahren keinerlei Kontakt gehabt hatte. Nach einigen Kommentaren sagte er lapidar, man müßte mal eine Facebookgruppe rund um die alten Wagon'ler gründen. Ich stimmte zu, wir "befreundeten" und bei Facebook und gut war es erstmal. Diese Idee der Facebookgruppe lies mich aber nicht los. Vor ungefähr 15 Jahren hatte ich mal alle Fotos der damaligen Wagonzeit digitalisiert, das sollte mir jetzt eine große Hilfe sein. Ich gründete eine Facebookgruppe "Wenn Du 1995 im Wagon warst, ist das Deine Gruppe!", und fügte aus meiner Freundesliste ganze 5 Leute hinzu. Die aus dieser Zeit übrig geblieben sind.
Und jetzt wird es unglaublich. Diese fünf Mitglieder fügten wiederrum Ehemalige hinzu mit denen sie noch Kontakt hatten, so daß unsere Gruppe binnen 3 Tagen 32 Mitglieder zählte. Das war ein Großteil der alten Wagongänger. Wir posteten alte Bilder, erzählen alte Geschichten und staunten darüber das das Ganze schon 20 Jahre her ist. Zusätzlich wurde noch eine WhatsApp Gruppe gegründet, für die die kein Facebook haben.
Der Wagon war auferstanden. Wieder da. Ich verbrachte wieder viel Zeit im "virtuellen" Wagon. Da war es klar, wir mußten ein Rivival organisieren. Der 30.05.2015 sollte es sein. Ich freute mich, wie seit langem nicht mehr, auf ein Treffen.
Der 30. Mai kam - und es war überwältigend. Ich traf Menschen die ich seit 10,15,20 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Es war als wären die Jahren nie passiert. Wie feierten. Sangen Lieder von damals, erzählten uns die alten Geschichten und waren einfach wieder Teenager nur eben 20 Jahre älter. Viele haben Kinder die jetzt so alt sind wie wir damals. Ein komisches Gefühl, aber ein sehr schönes.
So ein Erlebnis, so eine Reunion, erleben nicht viele Menschen. Nicht in dieser Intensität.
Danke das ihr alle da wart, danke das ich Teil davon sein durfte. Früher sowie heute!
Seit gefühlt 15 Jahren bin ich heute mal wieder in einer "allgemeinen Verkehrkontrolle" hängengeblieben. Jedenfalls wurde ich sowie etliche andere Verkehrsteilnehmer rausgewunken und kontrolliert. Vor der erwarteten Frage nach Fahrzeugschein und Führerschein fragte mich der schon leicht gestresst aussehende Beamte: "Wo komm' Se her und wo woll'n Se hin?". Da war sie, die Frage auf die ich schon so lange gewartet habe...!!!
Ich antwortete (mit dem Daumen hinter mich zeigend) "Von da" und dann (mit dem Zeigefinger nach vorne zeigend) "Nach da!". Sein Gesicht wurde etwas roter und mit leicht erregnter Totart fuhr er fort:"Führerschein und Fahrzeugschein!". Den Führerschein konne ich ihm noch geben, der Fahrzeugschein lag zu hause. Leicht lächelnt "bot" er mit ein Verwarngeld in Höhe von 10 EUR für das vergessene Dokument an. Auf meinen Einwand das eine Halterabfrage doch auch ginge entgegene er etwas süffisant: "Kann ich machen, muss ich aber nicht".
Naja, zumindest weiß ich jetzt das der blöde Spruch einen Wert von 10 EUR hat. Das ist doch mal eine Erkenntnis für einen Sonntagabend.
Wer kennt das nicht, einmal spontan auf eine blöde Bemerkung reagieren. Vorgestern ist mir das so gut gelungen das ich wirklich stolz auf mich war. Ich war mit meinen Zwilligen in Springe in der Fußgängerzone auf dem Herbstmarkt mit allerlei Buden und Händlern die Ihren Ramsch feil bieten. Diese ganzen Tinnefstände interessieren mich nicht, jedoch die Stände mit den Leckerein. So fiel die Wahl auf die Bude mit dem leck'ren Spießbraten. Mit einem Doppelkinderwagen fällt es schwer im Stehen zu essen, also erkundete ich vorher die Sitzmöglichkeiten. Ein Tisch mit vier Stühlen von denen noch zwei frei waren. Das sollte (mir) reichen!
Nachdem ich den Spießbraten bekommen hatte balancierte ich Denselbigen mit der rechten Hand und schob mit der linken Hand den Kinderwagen Richtung des selektieren Tisches. Dort angekommen war nur noch ein Platz frei, den, der sich neu hinzugesetzte Rentner, gleich mit den Worten "Hier sitzt meine Frau" zu sich ran zog. Da stand ich nun, in der einen Hand den heißen Teller in der anderen den Kinderwagen. Während ich etwas ratlos schaute kam auch seine Frau und stelle ihm und sich eine Bratwurt mit Senf auf den Tisch. Die Dame des anderen Paares schaute mich an, dann die beiden Wurstesser und stand mit den Worten "Hier, setzen Sie sich auf meinen Platz, ich kann auch im Stehen essen" auf. Dankend setze ich mich hin und begann zu essen.
Da Marie total auf Braten steht gab ich ihr immer wieder kleine Häppchen des Spießbratens, welche Sie mit einem lauten "MJAM, MJAM" aß. Bei dem zweiten oder dritten Bissen schaute die Wurstesserin zu mir auf und nölte "Also ich würde ja Kindern in diesem Alter noch nicht so fettiges Fleisch geben!". Ich blickte auf und entgegnete "Und ich würde jemand mit Kinderwagen den Sitzplatz, den er offensichtlich gerade benötigt, nicht wegschnappen!". Die Dame deren Platz ich bekam giggelte in Ihren Teller und die Wurstesser brummelten in ihre Bratwurt. Aber ich war total stolz auf mich!
Kennt ihr das? Diesen kurzen Augenblick den man als "perfekten Moment" empfindet?! Ich habe nur eine kurze Erinnerung an ihn. 2-3 Sekunden. Aber das reicht.
Silvester 1986, ich war 9 Jahre und schaute aus meinem Zimmerfenster auf eine dichte Schneeschicht die alles bedenkte. Die Schneemassen erhellten den Nachthimmel und alles glitzerte. Es muss so 22 Uhr gewesen sein, denn es war total ruhig und verlassen da draußen. Dieser kurze, völlig belanglose, Moment hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Einfach Perfekt. Seltsam, oder?
Spätsommer 1992, irgendwann Ende August. Ich war 14 und auf einer Jugendfreizeit in Gammalkroppa in Schweden. Die Jugendfreizeit war eher unspektakulär bis langweilig. Lag aber primär daran, dass ich mit den meisten Mitreisenden nicht wirklich warm geworden bin. Einer der Töbel-Brüder hatte eine CD dabei. Talkin' Wire - Fadin' Colours, nie davon gehört. Aber die Musik gefiel mir, sehr sogar. Und als ich dann noch erfuhr, dass es eine Hamelner Band ist fand ich es doppelt cool. Also bin ich sofort nach Rückkehr in Hameln losgelaufen und habe mir die CD bei "Musik Kaufmann" auf der Bahnhofstrasse gekauft. Mit knapp 15 Jahren kann man nicht davon sprechen eine Band wegen ihrer Herkunft zu unterstützen, mir gefiel einfach die Musik. Sie traf einfach zu 100% meinen Geschmack. Mein Lieblingstitel auf diesen Album war und ist "Ain't No Glory" und eigentlich ist dieser Track auch bis heute mein absoluter Talkin Wire Lieblingssong.
1995 deutete sich das Ende meiner Schulkarriere auf der Theodor-Heuss-Realschule an. Die 10. Klassen hatten damals ein Abschlusstheaterstück (ich glaube es hiess "Funkenflug") einstudiert. Und zu meiner großen Überraschung und Freude hatten sie es irgendwie geschafft Talkin Wire dazu zu bewegen live in der Schule zu spielen. Dort erfuhr ich dann auch, dass es neues Album gäbe. Voller Enthusiasmus schwärmte ich vielen Mitschülern von Talkin Wire vor. Ein nicht ganz leichtes Unterfangen in der Zeit von Techno und Eurodance. Und dann habe ich mich damals mit 17 Jahren nicht mal getraut eines der Bandmitglieder zu fragen wo ich die CD bekommen kann. Ich weiß auch leider nicht mehr wo ich sie gekauft habe, ich vermute ebenfalls bei Musik Kaufmann. "No One Knows" war auf dieser Scheibe meine absolute Lieblingsnummer.
2004! Es verging viel Zeit. Zwischenzeitlich hatte ich Talkin Wire mehrfach live gesehen. Auf einem kleinen, aber saugeilen, Konzert im alten Ford Struck Gebäude auf der Ruthenstrasse. Zweimal auf dem HefeHof und in der tünderschen Kirche bei einem den legendären Weihnachtskonzerte. Auf einem der HefeHof Konzerte war ich sogar mal so betrunken, dass ich stark lallend "No One Knows" Richtung Bühne rief. Weil ich das hören wollte. Der Typ nebenmir schaute mich recht mitleidig an. Mit 24 macht man sich eben mal zum Horst, gerade dann wenn Alkohol im Spiel ist und die Lieblingsband spielt. Leider haben sich in dieser Zeit auch einige Lücken in meiner Erinnerung gebildet. Ich weiß noch, dass ich im Internet von der neuen Live CD "TALKIN WIRE & Friend, Weihnachtskonzert" las. Diese habe ich dann auch beim Media Markt gekaufen. Jedoch gibt es noch die CD "Live & Accoustic" die ich nicht mehr bekommen habe und auch bis heute nicht mehr finde. Allerdings ist auch die CD TALKIN WIRE & Friend, Weihnachtskonzert nicht mehr im Handel zu finden. Entweder habe eine Erinnerungslücke an den Namen der CD oder es gibt da tatsächlich noch eine musikalische Lücke die es zu schliessen gilt.
Es wurde ruhiger, viel ruhiger. Hochzeit, Kinder, Haus. Naja mit 33 ist das wohl so und deswegen war die Freude auch riesig, als ich auf der Webseite von Talkin Wire erfuhr das es ein neues Album gibt. Dieses Mal sogar mit Hörpoben. Geil! Um sicherzugehen, dass ich es am Erscheinungstag haben werde, bestelle ich es bei Amazon vor. Nachdem ich es ein paarmal gehört hatte, wollte ich unbedingt in meinen Blog über dieses Album schreiben und den Besuchern Hörproben an bieten. Also mailte ich Talkin Wire an, ob sie mir die Erlaubnis dazu geben würden. Binnen kürzester Zeit hatte ich die Genehmigung die Hörproben bereit stellen zu dürfen und so entstand meine erste, sehr subjektive, CD Kritik: Gute Musik, es gibt sie noch! Auch wenn ich in dem Artikel drei Songs nenne, so ist "Open Heart" hier mein absoluter Favorit. Und spätestens jetzt dürfte jedem klar sein, das ich der Balladenkönig bin.
Ich werde dieses Jahr 37 und bin im Dezember 2013 Vater von zwei wundervollen Mädchen geworden. Die Tage an denen ich spontan Konzerte besuchen kann sind vorbei. Aber das ist auch gut so. Ich hatte meine wilde Zeit. Jetzt stehen vor Allem meine beiden Mädchen. Als ich dann aber vor ca. zwei Monaten die ersten Ankündigungen eines neuen Albums las freute ich mich umso mehr. Wenn ich nicht zu Talkin Wire gehen kann, dann kommen sie eben zu mir. Ich verfolgte voller Neugierde die Trailer und Promos auf der Facebookseite. Besonders gefreut hat mich, dass mir Talkin Wire einfach so das "Today" Armband zugeschickt hat. Welche Band macht sowas schon? Am 11.10.2014 habe ich die Zwillige eingepackt und bin zum Media Markt gefahren um die CD zu kaufen. Ich hatte doch tatsächlich vergessen sie bei Amazon vorzubestellen. Egal. Auch wenn es schon oft niedergeschrieben wurde, aber diese CD ist das Beste war Talkin Wire bis dato abgeliefert hat. Und vielleicht ist auch gerade aus diesem Grund "Action" hier meine Nummer 1. Und ein wenig schmunzeln musste ich bei Fields Of Fire, denn das letzte Lied das ich 1992 in Schweden hörte bevor jemand Fadin' Colours einlegte war Motörhead mit 1916!
Es begann 1992 in Schweden. Das ist jetzt 22 Jahre her. Seit diesem Spätsommer in Schweden bin ich Fan von Talkin Wire. Eigentlich nichts besonders Fan einer Band zu sein. Eigentlich? Angefangen hat es als pickliger Teenager in einem alten Landschulheim in der Wildnis Schwedens. Jetzt bin ich dreifacher Vater mit Haus und Garten. Die Zeit verwandelt uns nicht, sie entfaltet uns nur.
Warum dieser Beitrag als Titel gerade eine Zeile aus Marcus Wiebuschs Lied "Der Tag wird kommen" hat, kann ich gar nicht so genau sagen. Es erschien mir einfach passend.
Warum? Weiß ich nicht!
Ich merke gerade das sich vieles in meinem Leben ändert. Ob das positiv oder negativ ist weiß ich nicht. Das wird sich zeigen. Ich beginne zu selektieren. Auch Menschen. Menschen die mir gut tun und die mir nicht gut tun. Und hierbei habe ich nur ein Kriterium. Ich entscheide wer mir gut tut.
Das Spannende ist, das der Mensch der dieses Umdenken in mir bewirkt hat diesen Prozess bereits vor 2 Jahren angestoßen hat. Ohne es zu wissen, ohne das ich es bemerkt habe und mit der Erkenntnis das er nun nicht mehr zu meinem Freundeskreis gehört. Es ist nur noch jemand den ich mal kannte. Es ist mir selber erst vor 2 oder 3 Wochen aufgefallen und nachdem ich es akzeptiert habe war es ein unglaublich befreiendes Gefühl.
Es stimmt also doch: Mit dem Alter kommt die Reife!